Yoga, der Weg nach Hause
Im Yoga geht es, für mich, unter anderem darum seinen innersten Wesenskern zu erforschen. Schon in der Bhagavad Gita steht geschrieben, dass es die Reise über das Selbst, durch das Selbst hin zum Selbst sei.
Das dieser Weg nicht immer leicht, bisweilen sogar sehr beschwerlich und dunkel ist, durfte ich schon einige Male erfahren. Gerade ist wieder so eine Zeit. Ja, dies ist kein Artikel über die leuchtend bunte Welt der Yogis in der wir alle glücklich über die Wiese hüpfen (das tun wir auch oft 12, aber eben nicht immer, – ich zumindest). Es geht hier auch nicht darum, welch tollen Asanas man in Instagram, Facebook, etc. postet um seinen schlanken, wohldefinierten Körper zur Schau zu stellen. Kann man machen, ist aber für mich nicht der Wesenskern des Yoga… Aber schön anzuschauen ist es, das gebe ich zu. Das wars aber auch schon. Dies hier ist ein Artikel über Schatten, meine Schatten, vielleicht auch die Deinen? Möglicherweise findest Du Dich wieder, möglicherweise kannst Du auch einiges nicht nachvollziehen. Aber so ist das mit den Wegen, jeder muss ja seinen eigenen, ganz individuellen finden.
Vor zwei Wochen saß ich nichtsahnend auf meiner Herzensinsel Mallorca, glücklich, entspannt, als mich aus heiterem Himmel die Nachricht traf, dass meine beste Freundin aus der Schule gestorben ist, einfach so, zack, ohne Vorwarnung…. Weg, mit 42 Jahren, genauso alt wie ich. Nach dem ersten Nicht-wahrhaben-wollen, nicht-begreifen-können, kam der Schock. Nein, das kann nicht sein, nicht sie, nicht so jung, nicht einfach so plötzlich. Und dann schlägt sie zu, die Endgültigkeit dieses Ereignisses. Die Tatsache, dass sie nie wiederkommt, unumkehrbar, unveränderbar, nichts mehr zu klären, einfach fort. Und dann kamen die Tränen, das Leid. Und in der Nacht kam dann die Schuld. Ein langsam beginnendes Gedankenkarussell, das schnell in Fahrt kam. Wir hatten in den letzten Jahren nur noch sporadisch Kontakt, ab und zu geschrieben, wenige Treffen. Und natürlich tut es mir leid. Es gibt nun nicht mehr die Möglichkeit noch etwas zu klären, Dinge zu sagen, die noch gesagt werden sollten oder wollten. Und hier kam Yoga ins Spiel. Ich muss mich auseinandersetzen mit meinen eigenen Anteilen, ich spüre das Leid. Patanjali schreibt hierüber im Yogasutra, dass dieses Anhaften an Leid noch mehr Leid produziert, das Leid zu überwinden, birgt jedoch großes Potential. Auch Buddha sagte schon „Loslassen ist der Schlüssel zum Glück.“
Hierzu gehört die Selbstreflexion (Svadhyaya im Yoga, – gehört zu den zehn Lebensempfehlungen des Yoga, den Yamas und Niyamas) und auch das Annehmen der eigenen Schattenanteile. Mein Mann (der Psychologe) sagt auch immer, ohne Schatten kein Licht. Wir sind hier um zu lernen und hierzu gehört als erstes, sich seine eigenen Schatten anzuschauen und dann diese anzunehmen. Ganz schön schwer…. Die Erkenntnis natürlich auch Fehler gemacht zu haben, aber sich dann dafür nicht nieder zu machen, sondern anzuerkennen, dass ich eben auch ein Mensch bin, aber bereit daraus zu lernen! Und plötzlich kam Dankbarkeit, erst ein kleiner Lichtstrahl, ganz zart, ein kleiner Streifen hellen Lichts. Dankbar bin ich für die gemeinsame Zeit, die wir hatten. Viele tolle, gemeinsame Erlebnisse. Meine Jugend habe ich mit ihr verbracht, und sie war, mehr als einmal, mein Fels in der Brandung der Pubertät. Und nun hat sie mir eine Aufgabe hinterlassen, denn ich darf wieder Lernen. Auch wenn es gerade nicht einfach ist, auch wenn ich mir manches nicht gerne eingestehe, auch wenn ich manchmal am liebsten Weglaufen würde, aber das ist keine Option. Nein, ganz bestimmt nicht!
Da ist sie wieder, ganz deutlich und glasklar: die Erkenntnis was Yoga mir alles schenkt. Das Yoga ein Weg ist, ein Weg zu sich selbst! Nicht immer leicht, manchmal voller größerer und kleiner Steine. Manchmal sehe ich den Weg nicht richtig und dann erscheint plötzlich wieder eine Abzweigung, glasklar und deutlich: Hier geht’s lang! Und das ist Yoga für mich: Ein Weg, mein Weg! Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du Deinen gehst, mit allem Licht und Schatten!